Sicherheit beim Modellfliegen im Gebirge


Seit Jahrzehnten fliegt Robi Disler grosse, selbst gebaute Scale-Segler, am liebsten am Hang im Gebirge. Seine Flugzeuge hat er für langsames und grossräumiges Fliegen in der Thermik konzipiert.


Robi Disler   Grand Old Man des alpinen Modellsegelflugs


Der mittlerweile 76-Jährige startet seine Segler immer selber. Dank seiner grossen Erfahrung und einer minutiösen Flugvorbereitung können ihn weder Absaufer noch weit entfernte Aussenlandungen aus der Ruhe bringen.

MFS hatte im August 2022 während des IGG-Treffens auf dem Hahnenmoos die Gelegenheit, mit Robi Disler ein Interview zu führen.

Interview: Georg Staub

 

Wie lange bist du schon Modellflieger?

Schon in der Schulzeit habe ich A2 Freiflugsegler gebaut und geflogen. Nach Jahren mit viel Sport, unter anderem Fallschirmspringen, ging es 1979 wieder los mit Modellbau und -fliegen.

Ausschliesslich mit Segelflugzeugen?

Fast ausschliesslich. Gelegentlich pilotiere ich auch Schleppflugzeuge auf dem Platz meines Modellflugvereins. Ich fliege einen Swiss Trainer mit 100 ccm Motor und eine Kruk mit 170 ccm Motor.

Fliegst Du lieber am Hang oder in der Ebene?

Ganz klar am Hang.

Wie sieht deine berufliche Vergangenheit aus?

Ich bin gelernter Möbelschreiner. Während 29 Jahre machte ich auch Lehrlingsausbildung und war Werkstattchef, immer in der Holzbearbeitungs-Branche.

Baust Du alle deine Segler selber?

Ja. Die GFK-Rümpfe kaufe ich, Flügel und Leitwerke baue ich selber. Es dürften insgesamt etwa 20 bis 25 Flugzeuge geworden sein, mit Spannweiten von 5,3 – 8 Meter.

Hast Du ein Lieblingsflugzeug?

Ja, die DG 303 mit 6,5 m Spannweite. Leider habe ich sie nach einem Absaufer bei einer Aussenlandung am Gnipen verloren.

Du bist bekannt für sehr grosse Segler. Welchen Massstab bevorzugst Du?

1:2.5 bis 1:3. So werden die Segler nur etwa 16-18 kg schwer und ich kann sie allein zu den Startstellen tragen. Bei 20 kg muss ich beim Hochsteigen ab und zu kurz pausieren. Mit grossen Modellen kann ich weiter wegfliegen, was meine «Krankheit» ist…
Ich bevorzuge Doppelsitzer, weil sie leichter werden. Das lange Rumpfvorderteil hilft Gewicht sparen. Ich achte immer darauf, hinter dem Schwerpunkt leicht zu bauen. Doppelsitzer sind schön anzusehen, wenn man sie «Unterputz», also unter Augenhöhe, fliegt.

Welche Unterlagen benötigst Du für den Bau?

Fotos der Originale, teils selber aufgenommen, und Dreiseiten-Ansichten, wenn möglich vermasst. Detail-Originalpläne sind nicht erforderlich, da ich kein «Scale-Fetischist» bin. Das Flugzeug muss einfach gut aussehen und gut fliegen. Das Handling muss stimmen.

Welche Profile verwendest Du an den Tragflächen?

Meine Flugzeuge sollen langsam fliegen können, das ist ein wichtiges Kriterium. Ich bin ein «Schleicher». Meistens verwende ich Profile mit etwa 2.5% Wölbung, Eppler-Profilstrake E-209/207/205 mit 13.8-10.4% Dicke und E-203/201/193 mit 13.5-10% Dicke, oder auch mal E-68/66 mit 13.1-10.1% Dicke und früher Profile von Ritz. Bei einer neueren Konstruktion wählte ich ein HQ-Profil mit 2.5% Wölbung. Mit diesen Profilen gehen alle Segler beim Start leicht aus der Hand und können langsam gelandet werden, obwohl sie keine Wölbklappen haben.

Wie baust du deine Flügel?

Immer in Positivbauweise. Die Profilkerne schneide ich mit Heissdraht aus Styropor.  Dann baue ich den Holm ein. Er besteht aus einem durchgehend 16 mm breiten Ober- und Untergurt aus feinjährigen Kieferleisten, an der Flügelwurzel 8 mm dick, am Flügelende 2 mm. Der Holm hat keinen Steg. Bei den letzten Modellen habe ich die Kieferholmen zusätzlich mit Carbon-Rovings unterlegt. Nach diesen Einbauten im Kern beplanke ich mit Pappelfurnier von 0.9 mm Dicke, Ober- und Unterseite in einem Arbeitsgang. Ich verwende gerne Pappelholz, weil es keine Poren hat und gut mit Bügelfolie überzogen werden kann.

Wie reparierst Du deine Flügel?

In den Flügelnegativen, die ich aufbewahre. Wenn ein Kieferholmgurt gebrochen ist, schäfte ich einen neuen ein, mit einer Schäftungslänge von 70—80 mm. Anschliessend passe ich ein neues Stück Beplankung ein. Die Fläche presse ich während der Aushärtung des Epoxidharzes in den Flügelnegativen mit Schraubzwingen. Danach wird die Reparaturstelle mit dünnem Glasgewebe beschichtet, gespachtelt und schliesslich foliert. Nach mehreren Reparaturen, wenn es immer mehr Spachtel darauf hat, wird die Oberfläche gefüllert, trocken geschliffen, nochmals gefüllert, nass geschliffen und lackiert. Mit zwei Mal Füllern vermeide ich, dass ich durchschleife und Holzfasern freilege, die sich beim Trocknen aufrichten, was zu einer unschönen Lackieroberfläche führt. Wenn möglich verwende ich auch bei Reparaturen lieber Bügelfolie. Das wird leichter und geht schneller.

Laminierst Du auch ganze Rümpfe?

Nur ausnahmsweise. Ich laminierte einmal den Rumpf einer DG-202 mit 6 m Spannweite. Einmal baute ich das Urmodell für eine DG-1000, welches an Rosenthal ging und schliesslich von Paritech abgeformt wurde. Rumpfbau ist für mich zu aufwändig und zu teuer.

Wie sieht die RC-Ausrüstung deiner Segler aus?

Sie ist minimal. Damit hatte ich bisher immer Erfolg. Wegen mangelnder Empfangsqualität oder Versagens der Elektronik im Flugzeug ist noch keiner meiner Segler abgestürzt. Im Rumpfinnern sieht man ein Kabelgewirr, das wirkt vielleicht «vorsintflutlich», aber es hat sich bewährt. Ein Elektroniker sagte mir einmal, alle Kabel schön nebeneinander platziert könnten sogar zu Problemen führen.

Fliegst du mit einem oder zwei Empfängern?

Immer mit einem einzigen 16 Kanal-Empfänger, einer Doppelstromversorgung und einer Akkuweiche, die hohe Temperatur erträgt.

Benutzt Du Telemetrie?

Nein, ich lasse mir vom Sender nur Akkuspannung und Empfangsqualität anzeigen.

Also weder Vario noch Höhenmeter?

Richtig. Das geht bei mir alles visuell und nach Empfinden.

Wie bereitest du dich zu Hause aufs Fliegen vor?

Ich wähle ein Modell aus, das für das angesagte Wetter am geeignetsten scheint. Das Hauptkriterium ist, ob ich mit starkem Wind zu rechnen habe oder in der Thermik fliegen werde. Dennoch kommt es vor, dass ich nicht das richtige Modell mitgenommen habe.

Was sind deine Vorbereitungen vor Ort, bevor du startest?

Ich kenne alle Gebiete, in denen ich fliege. Deshalb weiss ich, wie ich bei einer Aussenladung anzufliegen habe. Mit dem Fernglas beobachte ich das Gelände unterhalb. Entdecke ich einen Elektrozaun, der bisher nicht da war? Man erkennt sie oft gut am Flattern der Strombänder. Bewegen sich Blätter oder Äste eines Laubbaums? Zeigt eine Fahne im Tal Wind an? Wenn der Wind eine Fahne bewegt, kann ich darauf zählen, dass er irgendwann auch den Hang erreicht. Und doch geht halt ab und zu etwas kaputt …

Meines Wissens startest du deine Modelle immer selber?

Ja, meistens von Hand. Katapultstart mache ich nur, wenn ein Handstart nicht möglich ist, der Boden ausreichend eben und das Gras tief gemäht oder abgegrast ist. Bevor ich zur Startstelle aufbreche, suche ich mit dem Fernglas nach Anzeichen für Wind am Startort und Windstärke. Ich trage das Katapult nur hoch, wenn es unbedingt sein muss. Ich kann ja warten, bis es passt. Manchmal muss ich mich zurückhalten und Geduld üben, bis es genügend Gegenwind hat für einen Handstart.

Mehrmals habe ich schon erlebt, dass du startest, obwohl alle anderen Modelle am Boden liegen, weil die Piloten mangels Aufwinds wieder landen mussten. Warum machst du das?

Weil ich dann freien Raum habe fürs Fliegen (lacht)! Oder ich sehe vielleicht etwas, was andere nicht sehen und was mich zuversichtlich macht, dass es klappt. Meine Flugzeuge sind gross und beanspruchen deshalb sehr viel Flugraum. Ich will nicht den Flugraum belegen, wenn noch andere in der Luft sind und auf mich achtgeben müssen. Ich fliege wenn möglich immer so, dass es nicht zu optischen Kreuzungen mit anderen Modellen kommt. Deshalb starte ich gern dann, wenn der Flugraum frei ist, aber immer im Wissen, wo ich allenfalls aussenladen kann. Das habe ich ja vorher mit dem Feldstecher rekognosziert und das Gebiet ist mir bereits bekannt.

Du hast also immer einen vorbereiteten Plan B?

Ja.

Aussenlanden ist für viele Hangflugpiloten ein Albtraum. Und für dich?

Das ist für mich kein Albtraum. Ich weiss, dass immer etwas kaputt gehen kann. Weil ich selber baue, bin ich nicht im Stress, da das Reparieren meiner Flugzeuge dank meiner Bauweise keine grosse Sache ist. Als Pensionierter habe ich ja auch Zeit dafür.

Deine entfernteste Aussenlandung?

3.4 km Luftdistanz und 600 m unter der Startstelle, in Österreich. Ich startete etwa 200 m oberhalb des Hotels Schneekönig am Falkertsee, etwas zu früh. Ich fand zwar ganz schwache Thermik und suchte dann weiter, leider ohne Erfolg. Schliesslich musste ich am Gegenhang landen, ohne Schaden.

Heutzutage fliegen die meisten Hangflugpiloten Flugzeuge mit einem Elektroantrieb als «Rettungsschirm». Warum Du nicht?

Weil dann der Reiz nicht mehr da ist, den ich brauche. Diese Spannung, hinauszufliegen um Thermik zu suchen. Finde ich Thermik und kann Höhe machen, ist der Tag gerettet. Als «Hintertürchen» habe ich ja die geplante Aussenlandemöglichkeit, welche andere gar nicht in Betracht ziehen. Bei den «Motorisierten» kommt der Stress dann, wenn der Motor nicht anläuft. Wenn eine Aussenlandung nicht möglich ist, fliege ich nicht.

Auch du wurdest vor Schäden nicht verschont. Was waren die Ursachen?

Schlechte Landungen. Oder ich verschätze mich beim Aussenlanden um 10-15 m in der Höhe. Kürzlich kollidierte ich im Entlebuch mit einer Pistenmarkierungsstange, die ich wegen ihrer schwarzen Bemalung mit dem Feldstecher von oben nicht entdeckt hatte. Das Wichtigste bei einer Aussenlandung ist ausreichende Geschwindigkeit. Mit guter Fahrt gegen den Hang fliegen, leicht hochziehen und warten, bis das Flugzeug stillsteht.

Ich habe gehört, dass Du Aussenlandestellen vor dem Fliegen zu Fuss besichtigst. Machst Du das häufig?

Das mache ich meistens anfangs Flugsaison. Ich vergewissere mich zum Beispiel, ob ein Zaun immer noch an der Stelle steht wie im Jahr zuvor. Konditionell habe ich kein Problem, nach dem Aufstieg zur Startstelle zum Aussenlandeplatz abzusteigen, um ihn zu rekognoszieren. So wie ich fliege, muss die Aussenlandung geplant sein. Wenn dennoch etwas passiert, habe ich einfach Pech gehabt.

Auch Sicherheit im alpinen Modellsegelflug ist eines deiner Anliegen. Was sind deine wichtigsten, persönlichen Sicherheitsvorkehrungen?

Eigehender Vorflugcheck des Flugzeugs, Prüfung des Ladezustands der Akkus. Nahe bei den anderen Piloten stehen zur Sicherstellung der Kommunikation. Keine Personen überfliegen. Da ich eigentlich immer langsam fliege beim Thermiksuchen, habe ich Zeit, den Flugraum vor mir genau zu beobachten. Ich fliege seit bald 50 Jahren mit meinen Seglern in den Bergen und habe deshalb Erfahrung beim Einschätzen der Wetterentwicklung. Verschlechtert sich das Wetter, breche ich das Fliegen rechtzeitig ab. Ich will noch vor dem Regen das Flugzeug demontieren und einladen können. Vor Blitzschlag habe ich grossen Respekt. Ich habe Kollegen verloren, die beim Bergen von Modellen tödlich abgestürzt sind. Auch richtiges Schuhwerk ist ein Muss.

Du bist seit 1983 Mitglied der IGG, die ein Jahr zuvor gegründet wurde. Warum?

Die Idee der IGG, das gemeinsame Fliegen zusammen mit Gleichgesinnten, hat mich sofort überzeugt. Die IGG-Treffen der ersten Jahre waren ein wahrer Hotspot für den Austausch von Knowhow. Nur etwa 10 % der Piloten kamen mit gekauften Flugzeugen, die anderen hatten ihre Segler selbst gebaut. Ich konnte davon viel profitieren. Heute läuft das quasi umgekehrt. Man wird nur gefragt, wo man das Modell kaufen kann, nicht wie man es gebaut hat.

Wie siehst du die Zukunft des alpinen Modellsegelflugs in der Schweiz, vor allem mit Grossmodellen?

Eher düster. Ich habe gehört, dass in Österreich, Deutschland und Italien der maximale Flugraum auf 150 m Grund und 150 m Hangabstand limitiert werden könnte. Ich weiss nicht, was ich mit meinen Grossmodellen anstellen soll, wenn solche Vorschriften in der Schweiz erlassen werden. Wichtig ist doch eigentlich, dass der manntragende Flugverkehr weiss, an welchen Bergen Modellsegelflug betrieben wird.

Hast Du Nachwuchssorgen?

Unser Verein feierte kürzlich sein 30 Jahre-Jubiläum. Auch Nachbarn waren eingeladen. Das Interesse war erstaunlich, viele Gäste machten Schnupperflüge. Wir haben zwar zwei Jugendliche im Verein, doch ist die Überalterung der Piloten auch in unserem Verein unübersehbar.

 Sicherheits Tipp beim Modellfliegen im Gebirge



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